Die Linke begrüßt die Wahl des neuen ersten Bürgermeisters in Göppingen

"Wahlsieger feiert auf der Alb weiter" // SWP/NWZ; Arnd Woletz; 14.12.2024

Am Tag nach dem überraschenden Erfolg bei der Wahl zum Ersten Bürgermeister in Göppingen fuhr Johannes Heberle nicht ins Bezirksamt in Feuerbach, sondern zur Familie aufs Land.

In gemütlicher Runde auf den Göppinger Weihnachtsmarkt und dann mit Freunden in die örtliche Gastrolandschaft. So beschreibt Johannes Heberle den weiteren Fortgang am Abend seines Triumphs. Am Donnerstag hatte sich der 29-Jährige gegen die Amtsinhaberin Almut Cobet durchgesetzt. Die 51-Jährige strebte nach acht Jahren ihre zweite Amtszeit als Beigeordnete in der Hohenstaufenstadt an. Der Job wird vom Gemeinderat vergeben, nicht in einer Direktwahl wie der OB-Posten. Und bei der turnusgemäßen Wahl für die zweitwichtigste Stelle nach dem Oberbürgermeister ging der Sieg an Heberle. Er schlug die sichtlich schockierte Stelleninhaberin mit 23 zu 18 Stimmen.

Am Freitag kehrte Heberle noch nicht an seinen Arbeitsplatz als Bezirksvorsteher des Stuttgarter Stadtteils Feuerbach zurück. Das war aber ohnehin so geplant. „Nach einem anstrengenden Wahlkampf schadet ein verlängertes Wochenende nicht“, sagte Heberle schmunzelnd. Deshalb habe er seine Sachen gepackt und sei zu seiner Familie auf die Alb gefahren, berichtete der ledige 29-Jährige am Telefon. Der gebürtige Albstädter ist in Sigmaringen aufgewachsen, im nahe gelegenen Gammertingen leben auch seine Eltern.

Dennoch erreichte Heberle nach der Wahl eine wahre Flut an Glückwünschen, wie er bestätigt. „Unzählige Whatsapp-Nachrichten und viele, viele Anrufe“ habe er erhalten.  Auch die unterlegene Almut Cobet habe ihm im Laufe des Abends noch per SMS-Nachricht gratuliert, bestätigte der 29-Jährige. Unmittelbar nach der für sie herben Niederlage war die Amtsinhaberin wortlos aus dem Ratssaal verschwunden.

 

Stimmung langsam gekippt

Almut Cobet galt vor der Wahl lange als Favoritin, ihre zweite Amtszeit als sicher, vor allem wegen des Rückhalts in den sogenannten bürgerlichen Fraktionen CDU, FDP/FW, FWG und AfD. Doch dann kam Bewegung in den traditionell mit Strippenziehern gut bestückten Göppinger Gemeinderat – und die Stimmung kippte Richtung Herausforderer.

Danach gefragt, was aus seiner Sicht den Ausschlag für seinen Wahlerfolg in dem 41-köpfigen Gremium gegeben haben könnte, meinte Heberle, dass es wohl eine Summe kleinerer Faktoren gewesen sei. Seine Vorstellungsrede sei für ihn gut verlaufen. Im bürgerlichen Lager des Gemeinderats seien die Vorbehalte in den vergangenen Wochen gewichen. Und insgesamt könnte auch die Situation in der Verwaltung dazu beigetragen haben, weil es nie gut sei, „wenn man an der Verwaltungsspitze mehr übereinander als miteinander redet“.

Der parteilose Heberle, dessen Amtszeit in Göppingen am 6. März beginnt, bestätigte, dass er mit seinem neuen Chef Alex Maier (Grüne)  während der Bewerbungsphase mehrmals Kontakt gehabt habe. Zuerst hätten sie über die Kandidatur selber gesprochen, sich später aber auch über Inhalte ausgetauscht. „Ich denke, dass wir menschlich gut miteinander auskommen, aber es wird inhaltlich sicher auch mal unterschiedliche Ansichten geben.“ Letztlich gebe der OB die Richtung vor.

Alex Maier aus dem Göppinger Rathaus meinte am Freitag: „Ich gratuliere Johannes Heberle herzlich zu seiner Wahl und wünsche ihm immer ein glückliches Händchen. Wir kennen uns bereits aus seiner vorherigen Tätigkeit bei der Stadt und deshalb bin ich überzeugt, dass er sein neues Amt sehr gut ausfüllen wird.“

Auch Heberles derzeitiger Chef, der Stuttgarter Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU), gab ein Statement zur Wahl ab:  „Wir lassen Johannes Heberle als Bezirksvorsteher von Feuerbach nur sehr ungern ziehen, wünschen ihm aber in Göppingen alles Gute. Er ist ein guter Verwaltungsfachmann und eine überzeugende Persönlichkeit, die das Zeug dazu hat, ein starker Erster Bürgermeister zu werden.“

Sein neues Amt biete gegenüber seinem jetzigen Job, in dem er eine moderierende Rolle einnehme, mehr Gestaltungsspielraum und sei insgesamt viel politischer angelegt, sagte Johannes Heberle.  In seinen Zuständigkeitsbereich fallen künftig Bildung, Kultur und Sport einerseits, aber auch Recht, Sicherheit und Ordnung. Dazwischen sieht er gar keine Kluft, weil die Themenbereiche sich gegenseitig bedingen.  Beispiel: „Jeder, der eine kulturelle Veranstaltung plant, braucht auch das Ordnungsamt.“

Almut Cobet war gestern weder telefonisch, noch schriftlich für eine Stellungnahme zu erreichen. Doch der Oberbürgermeister ließ die 51-Jährige, die sich einen neuen Job suchen muss, nicht unerwähnt: „Almut Cobet danke ich für die acht Jahre, in denen sie die Stadt entscheidend und mit Engagement und Herzblut mitgestaltet hat. Besonders bedanke ich mich natürlich für die vergangenen vier Jahre, in denen wir zusammenarbeiten durften.“

 

Cobets Amtszeit unter zwei Rathauschefs

Almut Cobet hatte als Nachfolgerin von Gabriele Zull vor fast acht Jahren noch unter dem damaligen Oberbürgermeister Guido Till ihre erste Amtszeit begonnen, nachdem sie sich gegen 24 Mitbewerber durchgesetzt hatte.

Das Verhältnis zwischen Till und Cobet galt aber schnell als belastet. Auch in der neuen Verwaltungsspitze mit Alex Maier und Baubürgermeisterin Eva Noller soll es, wie man hört, zuweilen geknirscht haben.