Bunter Protest gegen Rassismus

Bei der Mahnwache des Geislinger Bündnisses gegen Rassismus setzen am Samstag hunderte Menschen in der Geislinger Fußgängerzone ein Zeichen gegen Hass und für Demokratie.

(SüdwestPresse/NWZ, 12.02.2024, Kathrin Bulling)
 

Geislingen ist und bleibt bunt“ – so lautete das Motto der Mahnwache, zu der das Geislinger Bündnis gegen Rassismus am Samstag aufgerufen hatte – und bunt war die Altstadt wahrlich. Vor allem, als die Veranstalter zum Abschluss Luftballons verteilten, die die Teilnehmer zu den Klängen von Konstantin Weckers Protestlied „Sage nein!“ schwenkten. Nach Veranstalterangaben waren rund 450 Menschen vor dem Forellenbrunnen zusammengekommen, um gegen Rassismus, Hass und Hetze und für Demokratie und Menschenwürde zu demonstrieren; die Polizei sprach von knapp 300 Teilnehmern und einem friedlichen Verlauf.

 

Sevgi Aslanboga vom Geislinger Verein Genclik, der die Veranstaltung angestoßen hatte, zeigte sich sehr zufrieden: „Wir haben erst am Montag den Aufruf zur Mahnwache gepostet und zirka 150 Personen angemeldet“, sagte die Vereinsvorsitzende auf Nachfrage. Dass es nun mindestens doppelt so viele waren, freut sie sehr: „Wenn man die Geislinger kurz anschubst, dann sind sie gleich dabei und aktiv.“

Pünktlich um 13 Uhr versammelten sich zwischen Forellenbrunnen, Altem Zoll und Altem Rathaus Menschen allen Alters und jeder Herkunft. Familien waren ebenso vertreten wie Freundesgruppen, Kommunalpolitiker, Punks, Engagierte aus Geislinger Vereinen und Gruppierungen sowie Senioren, von denen sich manche eine Sitzgelegenheit mitgebracht hatten. Darunter Klaus Kohle vom Stadtbehindertenring Geislingen (STeiGle), der auf Nachfrage erklärte, an diesem Tag nicht gegen die AfD zu demonstrieren, sondern gegen alle, die die Demokratie zerstören wollen, „da gibt es leider viele Ström­ungen.

Sieben Vertreter von Parteien, Vereinen und Gewerkschaften positionierten sich auf der kleinen Bühne vor dem Alten Rathaus gegen Faschismus und die Deportationspläne der AfD und beschworen die Solidarität der vielfältigen Gesellschaft; Mitglieder der Geislinger Hip-Hop-Gruppe von Jorge Gonzalez tanzten.

 

Die Stimmung war heiter, manche Teilnehmer hatten Plakate mitgebracht, auf denen etwa zu lesen war: „Der Regenbogen hat kein Braun“, „Rote Karte für die AfD“, „Unser Land soll schöner werden, nicht ‚reiner’“ und „Hass hat viele Gesichter, alle sind hässlich“. Immer wieder skandierte die Menge – animiert von Moderator und DGB-Vertreter Jürgen Peters – „Geislingen ist und bleibt bunt“ und „Nie wieder ist jetzt“.Peters verlas eine Nachricht des Geislinger Oberbürgermeisters Frank Dehmer, der an diesem Tag zum längst geplanten Skiurlaub aufgebrochen war und der Veranstaltung „einen guten Zuspruch“ wünschte. Rassismus habe in Geislingen keinen Platz, ließ Dehmer verlauten.

Gabi Merkler vom Verein Kreis Göppingen nazifrei sagte, die Verteidigung der Demokratie sei zwar manchmal harte ­Arbeit, doch dies sei nötig, denn „Menschenwürde und Demokratie sind untrennbar miteinander verbunden“. WMF-Betriebsrat Thomas Thunig wünschte sich von allen Menschen ein Eintreten für eine offene und solidarische Gemeinschaft. Wie er verwies auch Dejan Wick, Gewerkschaftssekretär der IG Metall Göppingen-Geislingen, ­ auf die vielfältige Gesellschaft, aus der Deutschland bestehe, und den Wunsch des Großteils dieser Menschen, in Frieden miteinander zu leben. 

 

Eckhart Klein von den Grünen bekannte, dass er sich dafür schäme, auf die Straße gehen zu müssen. Doch seit Jahren habe sich die Grenze verschoben, „das Unsagbare wird immer offener herausgehauen“. Er rief die Menschen dazu auf, am 9. Juni demokratisch wählen zu gehen. Viel Applaus erhielt Sevin Aslanboga (Genclik), die angesichts der hohen Zustimmungswerte für die AfD von einem Weckruf sprach, aber auch die Politik der vergangenen Jahre als Mit-Verursacher kritisierte. Das rechte Erstarken habe immer wirtschaftliche Gründe, sagte sie, und verwies auf Privatisierungen im Gesundheitswesen und Kürzungen im Bildungs- und sozialen Bereich sowie auf das Abwälzen von Kriegs- und Krisenkosten auf die Bevölkerung. Die Frage von Verantwortung sprach auch Sascha Binder, Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Landtagsfraktion, an: Immer wieder habe es geheißen, man müsse die AfD in die Politik einbeziehen. Doch wer Menschen einsortieren wolle, wer die Demokratie demontieren wolle, dürfe keine Verantwortung übertragen bekommen. Christian Stähle, Göppinger Stadtrat und Kreisrat für die Linke, sagte, es erfülle ihn mit Hoffnung, so viele junge Menschen bei den Kundgebungen zu sehen.

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Info: Unterstützer der Mahnwache: IG Metall und DGB Göppingen-Geislingen, Migrantinnenverein Göppingen/Geislingen, DIDF-Jugend, Genclik, WMF-Betriebsrat, Verein Kreis Göppingen ­nazifrei, Naturfreundehaus, Rätsche, STeiGle, SPD, Jusos, Grüne, Die Linke, Stadt- und Kreisjugendring, Penguin Concerts, Amnesty International, Katholische Arbeitnehmerbewegung