Für eine Stadt der Vielfalt

Etwa 1500 Teilnehmer bei der Kundgebung gegen Rechtsextremismus auf dem Göppinger Schlossplatz. Die AfD spricht von „Diffamierung“. (SüdwestPresse/NWZ, 29.01.2024, Dirk Hülser)

 

Deutlich mehr als die angemeldeten 200 Teilnehmer sind am Samstagmittag auf den Göppinger Schlossplatz gekommen, um unter dem Motto „Bunte Vielfalt statt brauner Einfalt“ gegen Rechtsextremismus, Hass und Hetze zu demonstrieren. Organisiert hatte den Protest am Holocaust-Gedenktag der Verein „Kreis Göppingen nazifrei“. Im Mittelpunkt der Beiträge der weit mehr als zehn Rednerinnen und Redner stand die Kritik an der AfD und deren Ideen zur „Remigration“ – dem aktuellen Unwort des Jahres.

Die Veranstalter schätzen, 1500 Menschen hatten sich versammelt, so viele, wie seinerzeit als Gegendemonstranten zu den Göppinger Neonazi-Aufzügen gekommen waren. Kreativ war der Protest auf den selbstgemachten Schildern – auch hier stand die Kritik an neuen und alten Nazis im Mittelpunkt. „Braunes kommt bei mir in die Tüte“, war auf der Tafel zu lesen, die ein Hund mit sich herumtrug. „Bitte keine Leitkultur, ich mag kein Sauerkraut“ oder „Die 30er haben angerufen. Sie wollen ihren Faschismus zurück“ stand auf anderen Kartons.

 

Eineinhalb Stunden lang gaben sich die Rednerinnen und Redner das Mikrofon in die Hand, Vertreter fast aller Parteien (außer der CDU) sprachen ebenso wie Mitglieder des neuen Göppinger Jugendgremiums, des DGB, des Interkulturellen Frauenrats, des Netzwerks Gemeinsam in Göppingen oder des Göppinger Integrationsausschusses.

Auch Oberbürgermeister Alex Maier, der als junger Mann 2012 „Kreis Göppingen nazifrei“ mitgründete, betrat die Bühne für ein kurzes Statement: Er sprach von einem großen Privileg, „einer großen Freude, in einem Land leben zu dürfen, das bunt sein kann“. Deutliche Worte in Richtung AfD fand Manuel Schäfer vom DGB: „Wir haben heute einen sehr guten Grund hier zu stehen, wir stellen uns gemeinsam dem Rechtsextremismus und dieser ekelhaften Partei entgegen.“ Er forderte, „dass das braune Gedankengut da hinkommt, wo es hingehört: auf den Misthaufen der Geschichte“.

Nachdenklich gab sich Eva Epple vom Interkulturellen Frauenrat. „Hass gebiert Hass“, warnte sie und bat: „Ich wünsche mir, dass wir besser sind und nicht in dieselbe Kerbe hauen“. Explizit distanzierte sie sich von Parolen wie „Fuck AfD“ oder „EkelhAfD“.

Der 17-jährige Friso Fischer vom Freihof-Gymnasium, Stimmenkönig bei der Wahl zum neuen Göppinger Jugendgremium, räumte ein: „Ich dachte nicht, dass ich vier Tage nach meiner Verpflichtung hier auf dem Schlossplatz diese Rede halten muss.“ Viele Mitglieder des Gremiums hätten einen Migrationshintergrund, für Fischer ist nicht nur deshalb klar: „Wir sehen es als unsere Aufgabe, Göppingen als Stadt der Vielfalt auszuleben und zu fördern.“ An die applaudierenden Zuhörer appellierte er: „Geht verdammt nochmal wählen und motiviert eure Mitmenschen, wählen zu gehen.“

 

AfD meldet sich auf Facebook

SPD-Kreisvorsitzende Sabrina Hartmann verwies auf den Holocaust-Gedenktag am 27. Januar und rief: „Das darf sich niemals wiederholen.“ Die Grünen-Landtagsabgeordnete Ayla Cataltepe erinnerte an Artikel 1 des Grundgesetzes, „Die Würde des Menschen ist unantastbar“, und die stellvertretende FDP-Kreisvorsitzende Anna Ortwein bekannte: „Dieses Deutschland liebe ich und dieses Deutschland verachtet die AfD.“ René Niess, Kreisvorsitzender der Linken, erinnerte die Regierenden an notwendige Investitionen in Bildung und Infrastruktur und forderte ein Verbot der AfD: „Eine Demokratie muss nicht alles ertragen und ihren Feinden einen Platz am Tisch einräumen.“

Der AfD-Kreisverband Göppingen meldete sich am Samstag auch zu Wort und gab auf seiner Facebookseite eine Stellungnahme zur Kundgebung ab: „Schlossplatz in #Göppingen: Diffamierung, Pauschalisierung, Hass, Hetze, Verdrehungen und aus dem Zusammenhang gerissen … mehr nicht!“

 

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